100 Jahre Obst- und Gartenbauverein Hemhof
1912–2012
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Der Feuerbrand stellt insbesondere für bestimmte Sorten der Kernobstge-
wächse eine ernste und inzwischen verbreitete Bedrohung dar. Da es um
ihre Erhaltung geht, muss deren Behandlung unter Zurückstellung aller an-
deren Gesichtspunkte neu überdacht werden.
Der Feuerbrand
Die Erreger-Bakterien überwintern in stärkeren Stammteilen der Wirtspflan-
zen. Insbesondere bei Temperaturen über 10°C können sie über Blüten, Rin-
denverletzungen, Schnittstellen und nicht verholzte Triebe eindringen.
Übertragen werden sie durch Bienen, Wind, aber auch benutzte Werkzeuge.
Sie verstopfen die Leitungsbahnen der Äste, des Stammes, ja sogar desWur-
zelstockes und bewirken ein Absterben dieser Pflanzenteile. Wo „verbrannt“
aussehende Zweige mit schwärzlichen, z.T. schleimigen Blättern auftauchen,
ist Feuerbrand zu vermuten und höchste Vorsicht geboten.
Bisher galt es mit allen Mitteln zu verhindern, dass der Erreger bei uns Fuß
fasst. Dazu war es notwendig, jeden Befall, auch an stärkeren Ästen, sofort
bis mindestens 30 cm in das gesunde Holz zurückzuschneiden und sorgfältig
zu vernichten. In Gebieten, die noch vom Befall verschont sind, gilt dies un-
verändert!
Ein solches Zurückschneiden ist für die betroffenen Bäume eine „Rosskur“
und kann ohne bleibenden Schaden nicht oft wiederholt werden. Wo zwar
vereinzelt, aber immer wieder Befall auftaucht, wird man die Bäume damit
ruinieren und trotzdem nichts mehr ändern. So muss man hier das nicht zu
unterschätzende Ausheilungsvermögen der Bäume nach Kräften unterstützen
und den Erreger mit folgenden Maßnahmen konsequent zurückdrängen:
Das früher übliche winterliche Aufbringen von Löschkalk auf Stamm und
starke Äste erscheint wieder äußerst sinnvoll. Damit werden tierische und
pilzliche Schädlinge bekämpft und eine Erhitzung und ein Aufreißen dieser
Baumteile durch die Frühjahrssonne verhindert. So schafft man beste Voraus-
setzungen, dass sich die hier überwinternden Bakterien nicht explosionsartig
vermehren.
Ein üblicher Obstbaumschnitt, der gute Erträge und schöne Bäume verspricht,
verursacht Schnittwunden und junge unverholzte Triebe. Beide stellen Ein-
trittspforten für Feuerbrand dar und sollten deshalb vermieden werden. Eine
Wundversorgung mit Kupfermitteln kann nur in Ausnahmefällen helfen.
Immer ist zu beachten: Sobald man an einem möglicherweise befallenen
Baum arbeitet, müssen die Arbeitsgeräte nach jedem Schnitt desinfiziert und
die abgetrennten Äste aus dem Biokreislauf entfernt werden!
Bei Neupflanzungen sollten unbedingt widerstandsfähige Sorten ausgewählt
und Standorte gemieden werden, wo ein Vorgänger bis in denWurzelbereich
befallen war.